Wind NW 4 Beaufort, Halbwindkurs, anfangs leicht diesig und bewölkt, später die ersten
Sonnenstrahlen, schönes Segelwetter. Anita mit ihrer typischen leichten Schräglage zieht
majestätisch durchs Wasser, die aufkommenden Wellen werden durch die 1938 gebaute, knapp 22 Meter lange und für Regatten konstruierte Segelyacht einfach ignoriert, der Kurs mit Richtung NE zum ersten Zielhafen Bagenkop liegt an. Der Beginn des Jugendtörns 2018 mit der 12 mR S.Y. Anita, 6 Jugendlichen und 4 Ausbildern.
Doch vor dem Ablegen steht am Vortag die Anreise aus Walluf, Mainz und Wiesbaden mit der Bahn nach Kiel an. Die Proviantierung mit dem parallelen .berprüfen der Technik und Ausrüstung des Schiffes, der Einweisung auf und unter Deck und der verschiedenen Verhaltens- sowie Sicherheitsmaßnahmen kommen vor dem langsamen Eingewöhnen. Entspannend wird es beim gemeinsamen Abendessen im Hotel Restaurant Kieler Förde.
In Bagenkop angekommen bunkern wir rund 40 Liter Diesel und verlegen uns an die innere
Außenmole. Für die nächsten zwei Tage sind westliche Winde um 4 Bft. bei geringer Bewölkung angesagt. Wunderbare Voraussetzungen für eine von den Jugendlichen gewünschte Nachtfahrt. Jeweils zwei der Jungs bilden eine Wache, ein oder zwei Ausbilder stehen jeweils unterstützend zur Seite. Natürlich werden bei Segelmanövern immer zusätzliche Hände gebraucht. Insbesondere beim An- und Ablegen heißt es „All Hands on Deck“.
Also Ablegen und raus aus dem Hafen von Bagenkop, Segel setzen und erst einmal um die
Südspitze von Langeland herum und dann nach Norden Richtung Großer Belt Brücke. Anfangs zieht eine kleine Wetterfront über uns hinweg. 5 Minuten Regen sorgen für nasses Ölzeug aber auch für fantastischen Wind. Damit war die Schlepperei der wetter- und regenfesten Funktionskleidung nicht umsonst, wurde aber für diesen Törn das erste und letzte Mal benötigt. In der Abdeckung von Langeland geht es mit Rauschefahrt auf Stb-Bug an Spodsbjerg vorbei. Gegen Mittag lockert dieBewölkung auf, die Sonne zeigt ihr strahlendes Gesicht. Wunderschönes Segeln, so kann es weitergehen. Durch die geplante Nachtfahrt steht noch kein Ziel fest. Wir wollen sehen, wie weit wir biszum Morgengrauen kommen und uns dann einen geeigneten Hafen aussuchen.
Doch gegen 15.30 Uhr nimmt der Wind ab und kurz vor 17.00 Uhr breitet sich eine nicht
gewünschte und auch nicht vorhergesagte Flaute aus. Wir stehen rund 10 Seemeilen vor der Belt Brücke. Nichts ist schlimmer als Flaute, abwartend und zum Nichtstun verurteilt. Also Motor an und neuer Kurs in den backbord voraus liegenden Hafen Nyborg. Leider beendete Rassmus damit voreilig unsere geplante Nachtfahrt.
Es ist Dienstagvormittag, Tag 3, immer noch schwachwindig, trotzdem legen wir ab, setzen die größten Segel und bemühen uns langsam nach Osten zur Durchfahrt der immer wieder imposant wirkenden großen Brücke, die Langeland und Lolland verbindet. Durch unseren 28 Meter hohen Mast sind wir gezwungen eine der Hauptdurchfahrten zu nehmen. Ab und zu setzen wir die Maschine bei, gegen 13.30 Uhr setzt sich Nordwind mit 1 – 2 Windstärken durch. Wir haben einen Zielhafen ausgemacht, genau nördlich von uns auf der Ostseite von Samsö liegt der Urlaubs- und Ferienort Ballen. Also konzentriertes Kreuzen gegen den Wind. Am Nachmittag frischt es etwas auf, wir wechseln von Genua 1 auf Genua 2. Ein bis zwei Seemeilen vor Ballen war es das mit dem Wind. Segel bergen, sauber auftuchen, Fender und Festmacher klar machen, anlegen. Alles klappt wie am Schnürchen.
Eigentlich haben wir keinen festen Smut an Bord. Doch Peter Eider, der mich bereits vor vielen Jahren mit köstlichen Gerichten auf Anita überraschte und nach wie vor begeistert, kocht auch auf diesem Törn wunderbar schmeckende Speisen. Es ist nicht immer möglich, doch heute Abend konnten wir uns direkt nach dem Anlegen das Abendessen schmecken lassen.
Am nächsten Tag um 16.00 Uhr beginnt das WM Vorrundenspiel Süd-Korea gegen Deutschland. Also eine kurze Tagesetappe nach Juelsminde. Sonnenschein, leichte Winde um 2 Bft. aus östlicher Richtung verbunden mit angenehmen Knoten Fahrt verhelfen uns zu einem pünktlichen Anlegen. Schnell wurde eine Übertragung für fussballbegeisterte Einheimische und Gäste ausgemacht, nur das Spielergebnis ist alles andere als erfreulich.
Es ist bereits Donnerstag als wir die Leinen im touristisch sehr belebten Juelsminde loswerfen und bei schwachen Winden Richtung Kleinem Belt lossegeln. Zwischenzeitlich muss die Maschine bis zum Gamel Haven von Middelfart helfen. Auch spät nachmittags und abends sind jegliche Winde durch das Hoch über uns aufgehoben worden.
Für unsere letzten beiden Tage sind nördliche Winde von 3 bis 5 Beaufort angesagt. Am
Freitagmorgen weht es tatsächlich aus NE mit 4 in Böen 6. Nur unter Genua 2 segeln wir mit teilweise guten 9 Knoten durch den kurvenreichen Kleinen Belt, umsegeln einige Inseln und Untiefen, durchfahren den Aerosund, nehmen Kurs auf die Nordeinfahrt des Alsfjord, überholen mehrere Yachten und stoppen für die Durchfahrt der Klappbrücke von Sonderburg für eine dreiviertel Stunde auf. Mit leicht abnehmendem Wind unter gerefftem Groß und Genua 2 setzen wir unsere Tagesetappe bis zum Ostseeresort Olpenitz fort. Vor zwei Jahren von der Bundesmarine dem privaten Gebrauch überlassen befindet sich der knapp südlich von Schleimünde liegende Hafen im Aufbau.
Ein letztes Mal heißt es Leinen los. Doch der Segelspaß dauert nur gut eine Stunde, der Wind ist mal wieder eingeschlafen. Wieder gut eine Stunde später kommt endlich der Wind mit 3 – 4 Windstärken zurück und beschert uns eine wunderbare Rückreise nach Kiel in den Starthafen Sporthafen Stickenhörn.
Bevor es am nächsten Morgen mit der Bahn zurück nach Hause geht, stehen noch einige
Reinigungs- und Aufräumarbeiten an. Wie den ganzen Törn über packen alle mit an.
Das Logbuch vermerkt für unseren Segeltörn 242 Seemeilen und 17,2 Motorstunden.
Jetzt möchte ich noch etwas zu unserem geglückten und sehr schönen Segeltörn sagen. Die Voraussetzungen wurden bestens erfüllt und waren zum Einen eine gut eingespielte Crew, natürlich ein wunderbares Schiff und ein interessantes Fahrgebiet. Zur Krönung hatten wir noch ein Super-Sommer-Sonnen-Wetter. Den teilweise geringen Windverhältnissen antworteten wir mit angepassten kurzen Etappen.
Die Crew arbeitete von Anfang an gut zusammen. Die Manöver liefen Hand in Hand, ganz egal ob beim Segelwechsel oder beim An- und Ablegen. Frühstück, Mittagshäppchen und Backschaft wurden durch die Jugendlichen häufig eigenständig erledigt – hier zeigt sich die gute Vorarbeit der letzten Ausbildungsjahre. Dafür sage ich als Skipper allen ein herzliches Dankeschön. Mit euch gehe ich jederzeit wieder auf Törn!
Crew:
Peter und Henning Fiegel, Peter u. Tilman Eider, Maurice Hoeher, Mario Lucchetti, Robert
Steffen, Jannis Weber, Geronimo Werner und Skipper Tobias Simon.