Die Geschichte der Anita

Es war einmal ...


... die Idee der 12er, die "Formel 1" des Segelns

Anfang der 30er Jahren des letzten Jahrhunderts bestand der Wunsch mit schnellen und prestigeträchtigen Rennyachten Regatten zu segeln. Die über 20m langen "12er" waren geboren.

 

Aufgrund des Olympiastatus der kleineren 6 mR und 8mR Yachten erlebten die "12er" Yachten in den 30er Jahren einen starken Auftrieb. Auch die 12mR- Yachten sind, wie die kleineren „ Geschwister“, im Originalzustand einmastige Rennyachten. Sie wurden nur für Dreiecks-Regatten, also nur zum Tagessegeln, gebaut.

 

Alle Segelnationen setzten die neuesten wissenschaftlich-technologischen Erkenntnisse ein, um die schnellsten Meterklassenyachten zu entwickeln. Erstmalig flossen auch Schlepptankversuche in die Entwicklung ein. Damals fanden z.B. die ersten Aluminiummasten ihren Weg an Bord.

 

Auch in Deutschland wurde fieberhaft an der Konstruktion konkurrenzfähiger 12mR Yachten gearbeitet, zumal für die geplante Segel-Olympiade in Helsinki 1940 eine Teilnahme der 12mR Klasse vorgesehen war. 


Es entstanden daher ab 1938 auch in Deutschland "12er" Neubauten. ANITA ist eine klassische Rennyacht der 30er Jahre gebaut nach der damals gültigen Vermessungsformel der „International Rule“, so wie ihr Schwesterschiff INGA. Es handelt sich um annähernd baugleiche Schiffe. Gebaut wurden sie bei der renommierten Yachtwerft Abeking und Rasmussen in Lemwerder bei Bremen.

Poster von Hinnerk Bodendiek


Das Leiden der Anita

... und der Crew

Segeln, besonders auf einem 12er, ist immer ein schönes Erlebnis, oft auch eine sportliche Herausforderung, führt aber am Ende des Tages bei allen Beteiligten zu einem breiten Grinsen. 


Leider kann es auch anders kommen. Der von der DGzRS gedrehte Film zeigt die Anita in einer, man könnte sagen unkomfortablen Situation. Ob alle an Bord so cool waren wie Manfred Ernst, sei mal dahingestellt.

Poster von Hinnerk Bodendiek


Die große Renovierung und der Neuanfang

... alles wird gut!

Nachdem Anita über seit 1962 vornehmlich als Fahrtenschiff der „ Segelkameradschaft Ostsee“ betrieben wurde,  kam es im Jahre 2008 zum großen  Umbruch: Bei der genaueren Begutachtung des Rumpfes wegen immer wieder auftretenden Leckage stellten sich gravierende Schäden am Unterwasserschiff heraus: Es zeigt sich, daß eine Erneuerung der  gesamten Holzteile im Unterwasserschiff erforderlich war um Anita wieder für weitere Jahrzehnte fit zu machen. Die zu erwartenden Kosten überstiegen bei weitem die Finanzmittel der Segelkameradschaft die sich auch uneins war über das Konzept des  Weiterbetriebs des Schiffes.

 

Im Jahre 2009 kam es daher zur Auflösung des Vereins, die Anita fiel gemäß der Satzung der Segelkameradschaft an den Segelclub Rheingau, aus dessen Reihen vor Jahrzehnten die Segelkameradschaft gegründet wurde.

 

 

Unter Federführung des Segelclub Rheingau unter dessen Vorsitzenden Wolfgang Gottschalk erfolgte daher  Gründung des Fördervereins der Freunde der SY Anita , der in der Folgezeit die Einwerbung der Finanzmittel für die Grundrenovierung übernahm. Alte und neue Anitaliebhaber spendeten an die 200.000,-€ oder gaben Privatdarlehen um Anita wieder flott zu machen Zum Betrieb des Schiffes wurde eine gemeinnützige GmbH , die SVR gGmbH gegründet , um  die Seesegelaktivitäten vom Binnensegelverein getrennt zu halten.

 

Mittlerweile hatten wir in der Bootswerft in Gilleleje in Nordseeland  die ideale Werft für das Projekt gefunden. Werftchef Niels Andersen, ein Holzbootsbauer der alten Schule,  hatte sich schon bei der Renovierung der 12mR Yacht Thea einen Namen in der Szene erworben Er sollte in Zukunft das Renovierungsprojekt nicht nur mit seinen handwerklichen Fähigkeiten begleiten, sondern wurde mit seinem stets freundlichen und  pragmatischen Art ein wichtiger Ideen und Ratgeber des Projektes.


Zuerst einmal galt es allerdings Anita von ihrem damaligen Standort in Glückstadt an der Unterelbe nach Gilleleje zu bringen.




In einer nächtlichen Fahrt auf dem Tieflader gelangte Anita sicher nach Dänemark und wurde sogleich in eine Halle geschoben, in der früher hölzerne Fischkutter gebaut wurden.  Die Bootsbauer machten sich sofort daran, ein hölzernes Korsett mit Stützen quer durch den Rumpf zu bauen um den Rumpf zu stabilisieren.

 


Viele Aufgaben  die in keiner Leistungsbeschreibung erfasst waren, mussten nebenbei gelöst werden zumal auch erstmalig ein Motor installiert werden sollte um die Handhabung des über 21 m langen Schiffes zu erleichtern.

 Niels Motto „ Just keep it simple“ sollte sich wie ein roter Faden durch alles ziehen und so waren die ersten der zahlreichen Arbeitstrupps  aus dem fernen Rhein Main Gebiet nur damit beschäftigt,  das Schiff von nicht unbedingt nötigem Ballast zu befreien, der sich über Jahrzehnte an -und unter Deck wie Jahresringe um das Schiff gelegt hatte. Gefühlte Tonnen   Kupferkabel,  Radargeräte , Satelliten und Grenzwellenempfänger, voluminöse Gasinstallationen und Batteriebänke  sowie nicht zuletzt das hölzerne Doghouse wurden geopfert um Anita zu erleichtern und die alte Schwimmwasserlinie zu erreichen..

 

Im  ersten Arbeitsschritt im August  2011 wurde der 14 Tonnen wiegende Ballastkiel abgenommen. Nun lag das Kielholz, das masssive, aus 16 cm dicker Eiche bestehende Rückgrat des Schiffes frei  und  es wurde klar, warum  Anita in den letzten Jahren permanent beim Segeln undicht war:

 


Das Holz war unter dem Mastfuß verfault, hier war Wasser über die undichten Kielbolzenverschraubungen permanent ins Holz eingedrungen. Das stählerne  Spantgerüst der Kompositbauweise war dagegen in hervorragendem Zustand.

 


Lediglich im tiefsten hinteren Bereich der Bilge waren drei Bodenwrangen  nur noch papierdünn  und mussten ausgetauscht werden.

 


Die Planken waren zum großen Teil an der Kontaktstelle zum Stahl der Spanten schwarz verfärbt und hatten große Anteile der alten Festigkeit verloren. Insgesamt mussten daher 450 m Planken erneuert werden. Hierzu wurde Sipo Holz verwendet, das dem ursprünglichen, nicht mehr lieferbaren Tabasco Mahagoni am ähnlichsten ist. Das neue Kielhol z sowie die zu erneuernden Anteile des Vor und Achterstevens wurde aus Kamballa Holz gefertigt.

 

 

Nach Entrostung und Reparatur des Spantgerüstes wurde dieses sorgfältig mit Epoxyprimer  beschichtet um erneuten Rostbefall zu verhindern. Bei diesen Arbeiten wurde auch schon das Fundament des neuen Motors installiert, was Aufgrund des sehr schlanken Unterwasserschiffes  war. Schließ sollte der  Motor  und damit den Schraubenbrunnen möglichst tief unter die Wasserlinie kommen.

 

  

Die Planken wurden an den Übergängen zu den alten Planken 1:10 geschäftet und mit Epoxi geklebt.

 

 

Die Kontaktstellen zu den Metallspanten wurden zusätzlich mit Sikaflex  isoliert um eine erneute Kontaktkorrosion auszuschließen.  Im Februar 2012 war das Aufplanken beendet und es ging ans Schleifen und Hobeln des neuen Unterwasserschiffes, das sich noch einmal 6 Wochen hinzog.

 

 

Und so dauerte es dann noch bis Ende Mai das Anita ihren Roll out aus der Halle bekam und wieder zu Wasser gelassen werden konnte.  

 


Dr. Joachim Arndt

Geschäftsführer Technik SVR gGmbH

 

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Der vollständige Bericht zur Renovierung der Anita zum Download.
Anita Renovierung.pdf
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